Frühmittelalter
Als im 5. Jh. die römischen Heere dem Expansionsdruck der nordischen Stämme nicht mehr entgegen stehen konnten, zogen sie sich zurück in den Süden um das verbleibende römische Reich zu halten. In unserem Umfeld verblieb eine gallorömische Bevölkerung. Parallel dazu fanden Alamannen und Franken nach und nach Wohn- und Siedlungsraum in der Nordschweiz bis an die Jurahöhen. Die damalige Zeit ist vergleichbar mit dem heutigen Einwanderungsdruck aus den Balkan- und Afrikanischen Staaten. Kulturelle und sprachliche Probleme mussten damals ebenso wie Heute gelöst werden. So lebten die verschiedenen Kulturen oft Sippenweise zusammen. Die Zeit und Intelligenz sowie der natürliche Überlebenswille der damaligen Bevölkerung liess diese Kulturen zu einer Einheit verschmelzen. Ein erstes nicht zusammenhängendes Siedlungsgebiet, am ehesten aus Einzelhöfen bestehend, befand sich vom Seehof bis in den Grund. Aufgrund der geringen Bautätigkeit im Dorfkern konnten noch keine archäologischen Erkenntnisse gewonnen werden ausser in der Büessleten, dem Hörnli und im Grund. Beim Bau der Remise hinter dem Seehof stiess man auf alte Fundamente welche von der ehemaligen Büessletenkapelle stammen könnten. Zur Bauzeit der Remise wurden jedoch keine Untersuchungen durchgeführt. Um so mehr konnte das Gräberfeld auf dem Hörnli mit den damaligen archäologischen Kenntnissen untersucht werden. Im Grund wurden bei Bauarbeiten ebenfalls frühmittelalterliche Plattengräber gefunden aber zuwenig wissenschaftlich untersucht und ausgewertet.
1. Das frühmittelalterliche Gräberfeld auf dem Hörnli
Beim Bau des ehemaligen neuen Schützenhauses auf dem Hörnli (1935) wurden Frühmittelalterliche Grabstellen entdeckt. Mit einer Richtstätte (Galgen) hat der Grabhügel jedoch nichts nachweisbares. In Seewen ist keine Richtstätte (Galgen) bekannt obwohl es eine eigene Herrschaft mit eigener Gerichtsbarkeit war. 1935 und 1938 wurden unter der Leitung von Eugen Tatarinoff und Walter Kellenberger 38 Gräber mit insgesamt 54 Bestattungen ausgegraben und untersucht.


Weitere Literatur:
– Jahrbuch, Archäologie des Kantons Solothurn 7/1991
2. Die Büessletenkapelle
3. Eisenverhüttung in der Mühlmatt
Die Römer, als gute Kaufleute importierten das benötigte Eisen zu einem Grossteil aus Spanien. Als das römische Reich zusammenbrach versiegten auch diese Importwege. Der Bedarf für Eisen war aber nach wie vor vorhanden und wurde immer grösser. Die ansässige Bevölkerung wirkte der Mangellage mit der Eisenverhüttung vor Ort entgegen indem sie das Eisenerz wie die Kelten bereits vor der römischen Expansion in den Rennöfen erzeugten. Der Jurabogen ist bekannt, dass er viel Bohnerzlagerstätten aufweist, die darauf warteten um ausgeschöpft zu werden. Das dafür benötigte Holz, um die grosse Menge Holzkohle herzustellen war ursprünglich auch in genügender Menge vorhanden. Als die Wälder jedoch zur Neige gingen und ernsthafte Rodungsschäden entstanden und die Wirtschaftlichkeit der Eisenherstellung sich verschlechterte war das das Ende der Eisenverhüttung im Jura absehbar bis zur gänzlichen Einstellung.
In der Mühlmatt war um das Jahr 900 bereits ein gewerblicher Eisenverhüttungsplatz nachweisbar der bis über das Jahr 1000 hinaus aktiv war. (C-14 datiert) Eisenerz liess sich in der unmittelbaren Umgebung in Form von Bohnerz, im Boluston oder als Bohnerz im Kalkstein eingebettet (Konglomerat) finden. Die Holzbeschaffung für die grosse Menge benötigter Holzkohle war einfach, da um das Jahr 1000 die Waldfläche in der Region noch wesentlich grösser war als heute. Die Lage der Eisenverhüttungsstelle in der Mühlmatt war ideal in einem landwirtschaftlich nicht ertragreichen Tälchen mit Hanglage und genügend Wasser das als Wasserkraft und für die Erzwäsche genutzt werden konnte. Steine und Lehm für den Ofenbau waren ebenfalls vorhanden. Aus diesem Eisenverhüttungsgewerbe dürften die aus Seewen stammenden Nachnamen Erzer und Kohler stammen. Alle Erzer weltweit haben den Ursprung in Seewen. Die noch heute ansässigen Kohler von Seewen dessen Name von der Köhlerei stammt dürften den gleichen Ursprung besitzen. Die Eisenverhüttungsanlage in Seewen ist von der Topografie und der Ausrüstung vergleichbar mit der der Anlage im Dürsteltal bei Langenbruck. Die Anlage von Seewen wurde betrieben mit einer Bleuij (Erzstampfe) angetrieben mit einem Wasserrad. Die ehemalige 1307 erwähnte Mühle befand sich auch bereits in der Mühlmatt. Es wurden also bereits die Wasserkraft mit Wasserrädern genutzt. Daher ist es auch wahrscheinlich, dass die für die Rennöfen benötigten Blasbälge über ein Wasserrad angetrieben wurden. In Seewen lässt sich noch heute Eisenerz finden an diversen Orten. Gegenüber der ehem. Pony Ranch, am Waldrand befinden sich die Erzlöcher. Noch gut sichtbar sind die Löcher und Aushubhügel von der Erzgräberei. Mit etwas Glück lässt sich auch noch etwas Bohnerz-Kalksteinkonglomerat finden. Im Zelgli befand sich die Eisenerzgrube mit Eisenerz eingebettet im Boluston. Das Erzen und Eisenkochen war eine wenig einträgliche und harte Arbeit. Der Verdienst musste auch mit dem Schürfrechtbesitzer, dem Staat und dem Köhler geteilt werden. Trotzdem war es eine Verdienstmöglichkeit für Landwirtschaflich unproduktive Jahreszeit.

Erwähnung der alten Bleuij im Kirchenurbar Seewen von 1585
Entdeckt wurde diese Eisenverhüttungsanlage in der Mühlmatt im Jahr 2019 beim Bau einer Arbeitsplatzüberdachung für die Brennholzverarbeitung. Bei nachfolgend weiteren kleineren Bodeneingriffen wurde ersichtlich, dass sich diese Eisenverhüttung über mehrere Parzellen in Richtung Allmend erstreckt. Bereits in früheren Jahren als der Boden beackert wurde fiel die dunkle Färbung der Erde auf, was heute auf Schlacke, Russ und Kohle von der damaligen intensiven Eisenverhüttung herführte.
Der Rennofen
Für den Bau eines Rennofens konnten naheliegende Baumaterialien verwendet werden. In unserem Gebiet verwendete man Kalkbruchsteine und Lehm. Daraus wurde ein zylindrischer Ofen gemauert mit ca. 30 cm Innendurchmesser und einer Höhe von ca. 1-1.5 m. Nach der vollständigen Austrocknung des Rennofens wurde er langsam angefeuert und die Restfeuchte noch ausgetrieben. Anschliessend konnte der Ofen beschickt werden mit abwechselnden Lagen Erz und Holzkohle. Im unteren Teil des Ofens durchdrangen Tondüsen die Ofenwand. Die mit Blasbälgen mit Überdruck eingeblasene Luft brachte die Verbrennungstemperatur im Ofeninnern auf 1300 Grad Celsius. Über etliche Betriebsstunden musste der Ofen nachgefüllt werden und die Betriebstemperatur erhalten werden damit sich das Eisenerz chemisch zu Eisen reduzieren liess. Der Überschuss von flüssiger Schlacke lief nach unten in die Ofengrube wo sie aufgefangen oder durch eine Ofenöffnung zum Abfliessen gebracht wurde. Am Ende des Prozesses setzte sich das Eisen als Klumpen (Luppe, Ofenschwamm oder auch Ofensau genannt) im unteren Teil des Ofens ab. Um das Roheisen aus dem Ofen zu entnehmen musste die Ofenwand aufgebrochen werden. Der nächste Verarbeitungsprozess für den porösen und verunreinigten Eisen klumpen bestand darin, ihn auszuschmieden. Dabei wurde er im noch glühenden Zustand gehämmert um ihn zu verdichte und die Verunreinigungen auszutreiben. Dies musste wiederholt werden bis mehr oder weniger reines und Kompaktes Roheisen zur Weiterverarbeitung bestand.
Um eine Tonne Roheisen herzustellen benötigte es ca. 50 Ster Holz das ca. 5 t Holzkohle ergab. Dies reichte um ca. 250 Kg Eisen zu generieren. Dazu kam noch der Holzverbrauch für die Schmieden, für die Herstellung von Glas und den privaten Verbrauch zum Kochen und Heizen. So schwanden die Holzvorräte im Mittelalter rasch bis die Regierung die Eisenherstellung einschränken oder gänzlich verbieten musste.
Bei der Archäologischen Untersuchung des Aushubmateriales beim Bau der Holzplatzüberdachung konnten im Eilverfahren, bedingt durch die Bautätigkeit, nebst riesigen Mengen von Schlacken auch andere Artefakte geborgen werden die auf die Eisenverhüttungszeit zurückführen. Ein Jahr später bei einem neuen Bauprojekt zeigte sich wiederum ein ähnliches Bild.




